Normenkonforme Risikobeurteilungen gemäß DIN EN ISO 12100
Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG regelt die Schutzmaßnahmen für vollständige und unvollständige Maschinen, sowie Erzeugnisse, die auf den ersten Blick nicht als Maschinen erscheinen, wie auswechselbare Ausrüstungen, wie Sicherheitsbauteile, Lastaufnahmemittel, Ketten, Seile und Gurte und abnehmbare Gelenkwellen in Bezug auf die Sicherheit bzw. die Unfallverhütung unter dem Dach des ProdSG (Produkt-Sicherheits-Gesetz). Sie gilt einheitlich innerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes (EWR), der Schweiz und in der Türkei. Um ein Erzeugnis welches unter die Maschinenrichtlinie fällt in Verkehr bringen zu können, muss der Hersteller eine Risikobeurteilung erstellen. Erst danach kann eine Konformitätserklärung (für vollständige Maschinen) oder eine Einbauerklärung (für unvollständige Maschinen) im Sinne der Maschinenrichtlinie abgegeben werden. Diese Konformitätserklärung wiederum ist bei vollständigen Maschinen Bedingung für das Anbringen des CE-Siegels bzw. bei unvollständigen Maschinen Voraussetzung für den Hersteller der Gesamtmaschine
Tipp:
Je früher die Risikobeurteilung bei der Entwicklung des Erzeugnisses erstellt wird desto früher kann der Hersteller sicherheitsrelevante Herausforderungen erkennen und darauf reagieren, was zu einem späteren Zeitpunkt erheblichen Mehraufwand und Kosten bedeuten könnte, bis hin zur Neu-Konstruktion von Anlagenteilen oder sogar der gesamten Anlage.
Für die Risikobeurteilung gibt es auch Begriffe wie Risikoanalyse, Risikobewertung, Gefahrenanalyse oder Gefährdungsbeurteilung. Das kann jedoch leicht zu Verwirrung und Unverständnis führen. Eine Gefährdungsbeurteilung beispielsweise bezieht sich nicht auf Maschinen, sondern auf den systematischen und innerbetrieblichen Arbeitsschutz mit dem Schwerpunkt auf den Arbeitsplatz oder das Arbeitsgerät (Werkzeug).
Die Risikobeurteilung ist Herstellerpflicht und Herstellerschutz
Mit der Risikobeurteilung werden die Anforderungen an die Maschinensicherheit und damit an den Gesundheitsschutz des Bedieners, Personen in der Maschinenumgebung, sowie der Umwelt ermittelt. Die Risikobeurteilung kann dem Hersteller der Anlage aber auch als Nachweis dienen, wenn nach vielen Jahren des Betriebs ein Unfall passiert und er sich gegen Schadensersatzansprüche wehren muss. Die DIN EN ISO 12100 regelt die entsprechenden Inhalte und unterteilt nach Gefahrengruppen. Sie sollte bereits bei der Konstruktion und dem Bau der Maschine oder Anlage erstellt und berücksichtigt werden. Die empfohlenen Maßnahmen müssen sowohl vom Hersteller als auch vom Betreiber umgesetzt werden. Projekte können sich bis zur Inbetriebnahme der Anlage stark verändern, deshalb muss auch die Risikobeurteilung immer aktuell gehalten werden, um am Ende auch alle sicherheitsrelevanten Aspekte zu reflektieren. Tauchen während der Entwicklung Probleme auf, die die Bedienungssicherheit gefährden könnten, muss die Konstruktion abgeändert oder ergänzt werden, etwa durch mehr Not-Halt-Taster, Sicherheitszäune oder trennende Schutzeinrichtungen, Vermeidung von Einzug in den Antrieb usw. All diese sicherheitsrelevanten Aspekte werden in der Risikobeurteilung bewertet und entsprechende Gegenmaßnahmen vorgeschlagen oder Empfehlungen ausgesprochen, um Gefahren zu mindern oder komplett zu vermeiden. Darüber hinaus wird innerhalb der Risikobeurteilung für Steuerungen der so genannte geforderte Performance Level (PLr) bestimmt, ein Maß für die Zuverlässigkeit einer Sicherheitsfunktion innerhalb der Steuerung.
Was bedeutet die Risikobeurteilung für die Technische Dokumentation?
In den Prozess der Risikobeurteilung sollten zu einem möglichst frühen Zeitpunkt bereits alle die am Konstruktionsprozess beteiligten Akteure einbezogen werden. Außerdem sollten die technischen Redakteure, die für die Erstellung der Betriebsanleitung verantwortlich sind in Bezug auf die Bedienung der Anlage eingebunden werden. Sie haben – bedingt durch ihre Tätigkeit – einen anderen Blick als Ingenieure und Konstrukteure auf Funktionen oder Bedienungsabläufe und können wertvolle Beiträge zur Risikobeurteilung leisten. Umgekehrt verwerten Sie die sicherheitsgerichteten Forderungen aus der Risikobeurteilung in der Betriebsanleitung. Außerdem werden sie dadurch in die Lage versetzt, die anfallenden Informationen im Dialog mit den Herstellern zeitig zu sammeln, in eine logische Struktur zu bringen, zu beschreiben und zu illustrieren – natürlich immer unter Berücksichtigung sämtlicher Vorschriften und Normen des Gesetzgebers, von Berufsgenossenschaften und anderen Institutionen.
Bei der Erstellung der Betriebsanleitung steht der Redakteur in der Verantwortung, alle Erkenntnisse und Ergebnisse der Risikobeurteilung und der Gefahrenhinweise ständig vor Augen zu haben und bestmöglich für den späteren Verwender aufzubereiten. In die technische Dokumentation fließen Aufbauanleitungen, Bedienungsvorgaben, Wartungsvorschriften, Instandhaltungsvorschriften, Warnhinweise und vieles mehr ein. Je früher Sie einen technischen Redakteur an Bord holen, umso besser fällt am Ende die Betriebsanleitung aus.
Einbinden externer Dienstleister
Die Erstellung der Risikobeurteilung ist für Sie als Hersteller zwar verbindlich, das heißt jedoch nicht, dass Sie diese auch zwangsläufig selbst erstellen müssen. Vielleicht fehlen Ihnen die nötigen Kapazitäten, das fachliche Know-how oder Sie sind nicht zu 100 % sicher welche Anforderungen, Normen und Bestimmungen mit dem Bau der Maschine oder Anlage und der Erstellung der Risikobeurteilung verbunden sind? Dann delegieren Sie diese damit verbundenen Aufgaben doch an einen externen Dienstleister.